Motorbaustelle

  • Liebe Schraubende,


    fünfzehn Jahre stand mir ein 10CG im Weg, der mir einst mit Fächerkrümmer und einfachem HS4 für kleinstes Geld zugelaufen ist. Jetzt sollte er eigentlich weg, da ich erwartet hatte, dass innerer Rost ihm den Rest gegeben haben dürfte. Trotzdem habe ich mal den Kopf abgenommen, kein Rost, zwei Auslassventile fest (Aufblühungen am Schaft), Zylinderlaufbahnen mit frischen Hohnspuren. Kopf 12 G 202 allerdings mit 30,93 mm Einlassventilen. Vermutlich ist der Motor in einem Minor gelaufen, jedenfalls passt der Ansaugkrümmer mit Vergaser nicht unter die Sprite-Haube. Hauptlager und Pleuellager weisen teilweise tiefe Riefen auf, ebenso das vordere Nockenwellenlager. Die Kurbelwellenlagerstellen sind riefenfrei, ebenso die der Nockenwelle. Kolbenringe festgebacken, konnte ich aber mit viel Wärme und Geduld größtenteils wieder lösen. Also zu schade für den Schrott. Die millimeter dicke rote (!) Motorfarbe habe ich in mühevoller Kleinarbeit mit Hammer und Beitel entfernt (weder Wärme noch Chemie halfen) und auch den mit schickem Felgensilber getünchten Kopf wieder gesäubert.


    Ich werde den Motor also wieder lauffähig machen. Dass das mangels Wissen und Ausrüstung keine Motorüberholung wird, ist mir klar. Ich habe folgende Fragen:

    Pleuel I und III haben die Nummer 12 G 127 A15 eingegossen, II 12 G 124 A 15 und IV 12 G 124 A 8. Also drei mal A 15 und einmal A 8. Welche Bedeutung hat die A-Nummer?


    Der leichteste Pleuel wiegt (mit Lagern und Schrauben) 739 gr., der schwerste 747 gr. Dieser Gewichtsunterschied erscheint mir für einen noch dazu nur dreifach gelagerten Motor sehr hoch. Ist das tolerabel?


    Die Kolben tragen die Nr. 16179 C, in der Mitte des Kolbenbodens ist jeweils noch ein "B". Kann man diese Nummern entchiffrieren? Die Bohrung beträgt gemessen mit einer digitalen Schublehre 64,57, ich vermute daher Übermaß 0,3 Zoll.


    Wie kann man den Motor in einem Motorständer aufhängen? Stirn und Rückwand bieten mE keine geeigneten Aufnahmen für entsprechend dicke Schrauben. Ist der Anschluss für das Ölfiltergehäuse an der Seite geeignet oder wie sonst?


    An der unteren Dichtfläche der Wasserpumpe sind relativ tiefe Korrosionsschäden sichtbar. Mit Dichtpapier und flüssiger Dichtung wird das sicher nicht mehr dicht. Hat jemand Erfahrung mit sog. Haftstahl oder eine andere Empfehlung?


    Die Beschädigungen der Lagerschalen sind vermutlich auf schlechte Reinigung bei der vorherigen Motorüberholung zurückzuführen. Das möchte ich nach Einbau neuer Lager natürlich besser machen und bin für Tipps dankbar.


    Ich bin für jeden Hinweis dankbar (außer für den, das Teil zum Motorenbauer zu bringen ;) )

    Grüße aus Solingen


    Jörg


    Sprite MK 3, Volvo P 1800 E, Porsche 996

  • Hallo Jörg,
    ich habe in den Tiefen meiner Ersatzteile habe ich noch einen 1098er Mini Motor,

    ich werde mal nach den Pleuel schauen.

    Das `B` ist eine Angabe wie herum die Kolben eingebaut werden, da der Kolbenbolzen in dem Kolben AUSSERMITTIG eingebaut wird.

    Tipp: Beachte die Reihenfolge, die Richtung, den Versatz und TOP bei den Kolbenringen.

    Was ich bei diesem 1098er empfehlen würde, einen 12G295 Kopf, den hatte der 59 PS 1098er auch, habe ich 1987 in einem Mini gefahren, machte richtig Spaß.

    Schaue einmal hier:https://www.minispares.com/cat…nents~~Pistons.aspx?1~2~8

    Dort sind deine Kolben gelistet (STD) haben eine Verdichtung von 8,5 zu 1, kamen auch in Mini Motoren vor.

    Grüße Holger

  • N'Abend Holger,


    vielen Dank für deine Einschätzung und die Info zu den Kolben. Ein 12G295-Kopf ist sicher eine Verbesserung, bei meinem 202 wurde aber das Einlassventil schon wie beim 295 vergrößert, sodass der Ventildurchmesser dem 295 entspricht. Das Brennkammervolumen ist aber geringer als beim 295, dafür aber die Kompression höher?

    Das "B" ist auf den Kolben in unterschiedlichen Richtungen aufgebracht, dafür ist aber jeweils "Front" auf allen Kolben für die Einbaurichtung aufgebracht.

    Ich habe beim Ausbau alle Teile gekennzeichnet.

    Grüße aus Solingen


    Jörg


    Sprite MK 3, Volvo P 1800 E, Porsche 996

  • Moin Jörg,

    auch wenn du es nicht gern hören möchtest: Du wirst ohne einen Motorenbauer nicht auskommen. Man sollte den Motor zumindest mal komplett durchmessen, bevor man Zeit und Geld investiert und nachher kein vernünftiges Ergebnis bekommt. Also entweder das entsprechende Messwerkzeug anschaffen, oder diese Arbeit einem Fachmann überlassen. Das dürfte billiger sein, als die Anschaffung der Werkzeuge, wenn es eine einmalige Aktion bleiben soll. Ausserdem kann der Motorenbauer den Motor, vor allem die Ölgalerie und den Wassermantel vernünftig reinigen. Es gibt nix ärgerlicheres , als sich neue Lager durch Schmutz zu versauen. Er kann auch beurteilen, ob es nötig/ möglich ist, die Zylinder nach zu hohnen.

    Kolbenringe gehören auf jeden Fall neu, vorausgesetzt, die Kolbenringnut im Kolben ist nicht verdorben. Dann kannst du die Kolben entsorgen. Ebenso, wenn die Kolben selber nicht mehr maßhaltig sind. Das kann man mit einer Schieblehre nur bedingt messen.

    Wenn du neue Kolbenringe montierst, muß hier das Spaltmaß überprüft und ggf. nachgearbeitet werden. Ob du dir das selber zutraust und bewerkstelligen kannst, kann ich nicht beurteilen.

    Gleiches gilt für das Axialspiel der Kurbelwelle, sowie das Lagerspiel der neuen Schalen .


    8g Unterschied ist jedenfalls mal viel zu viel, der Motor wird damit laufen, wie ein Sack Muscheln.

    Also entweder nach Pleueln mit etwa gleichem Gewicht Ausschau halten, oder die Pleuel selber bearbeiten. Auch da sollte man ziemlich genau wissen, was man tut (z.B. Verhältnis zwischen Kopf und Fußgewicht etc.). Wenn man da was falsch macht, kann man ordentlichen Schrott produzieren. Zudem brauch man auch hier wieder das entsprechende Equipment...Feinwaage, entsprechende Aufhängemöglichkeit für die Pleuel etc. Sowas kann man sich zur Not auch selber bauen.

    Wenn man es vernünftig machen will, sollte man die Kurbelwelle wuchten lassen. Auch wieder ein Job für den Fachmann.


    Auch wenn die Lagerstellen augenscheinlich O.K. sind, auch hier sollte man mal messen und schauen was sie hergeben. Die können z.B, ballig sein.


    Wegen der Korrosion an der Wapu kannst du dich an die Firma Diamant in Mönchengladbach wenden. Die haben Produkte im Programm, mit du die Macken beseitigen kannst.


    Fazit: Die Motörchen sind zwar Bauernmotoren, aber ohne entsprechendes Werkzeug und Hilfe eines Fachmanns kann man sich bei einer Do it Yourself Instandsetzung mit Hausmitteln und ohne entsprechendes Hintergrundwissen auch bei denen viel Frust und Ärger einhandeln. Man kann alles erlernen, aber die Hilfe entsprechender Leute/ Firmen spart viel Lehrgeld.

    Pfussch verfolgt nun mal...alter Schraubergrundsatz.

    Ciao

    Claudio

  • Hallo Claudio,


    vielen Dank für Deine ausführlichen Ratschläge. Aus der Sicht eines Profis ist alles richtig, was Du schreibst und vernünftig sicher auch. Wenn wir den Anspruch gehabt hätten, an unsere Low-Budget-Autochen so vernünftig und professionell heranzugehen, würde es vermutlich heute kaum noch welche geben. Mein Sprite kam zu mir als leere teilgeschweißte Rohkarosse im Zustand 5 mit einigen Kartons Teilen. Ein Karosseriebauer hätte allein für die Karosserie einen Betrag aufgerufen, der jenseits des heutigen Werts des Autos liegt, von Sattler und Lackierer ganz zu schweigen, und die Technik mal gar nicht berücksichtigt. Zu Deutsch: unvernünftig. Mit Mühe und Ausdauer habe ich doch daraus noch ein Auto gebaut, nicht perfekt aber doch funktionierend und dabei hatte und habe ich viel Spaß, sowohl beim Bauen als auch beim Fahren gehabt. Alles eine Frage des Anspruchs. Rückschläge gab es einige, Knock-Outs aber nicht.


    Ganz ohne Hilfe werde ich den Motor nicht angehen können, da hast Du völlig recht. Das Wuchten der Kurbelwelle und der Schwungscheibe steht auf jeden Fall an, die Erneuerung der Ventilsitze wahrscheinlich auch. Leider ist mein Motorenmann von früher im Ruhestand, ich muss mir also einen neuen suchen, der sich auch mit solchen Kleinigkeiten beschäftigt. Tipps und Empfehlungen sind willkommen.


    Ganz so kritisch wie du sehe ich mein Projektchen allerdings nicht. Der Motor ist offenbar vor nicht allzu langer Zeit überholt worden und hat keine Ölkohleablagerungen. Leider wurden die Ölkanäle und/oder das Motorgehäuse bei der Überholung nicht ordentlich gereinigt, deshalb hatte ich um Tipps hierzu gebeten. Die Bearbeitung der Pleuel traue ich mir schon zu, habe ich vor einiger Zeit bei meinem Volvo schon gemacht. Dabei werde ich auch darauf achten, den Schwerpunkt nicht zu ändern bzw. anzugleichen. Die Kolbennuten liegen in der Toleranz, Kolbenringe, Ölpumpe Auslassventile, Überdruckventil, Haupt- und Pleuellager werde ich erneuern, Plastic Gauge zur Bestimmung des Lagerspiels ist schon bestellt. Die Zylinder habe ich mit einem Kolbenring "vermessen", d.h. den Ring an drei verschiedenen Stellen in die Zylinder gesteckt und jeweils das offene Ende ausgemessen. Das ergab so gut wie keine Abweichungen. Mit den Kipphebeln und der Welle habe ich mich noch nicht beschäftigt.


    Neue Kolben mit etwas mehr Verdichtung hätte ich vielleicht erwogen, scheinen aber momentan nicht oder nur in Tuning-Version käuflich zu sein. Tuning strebe ich ehe nicht an, sonst wären Deine Bedenken natürlich noch begründeter.


    Ich werde es also in jedem Fall durchziehen, was hätte ich auch außer ein paar Ersatzteilkosten auch zu verlieren. Brauchen tue ich den Motor derzeit nicht, also nur aus Spaß an der Freud.


    Vielleicht könntest Du oder ein anderer Kundiger noch meine offenen Fragen beantworten?


    Vielen Dank und beste Grüße

    Grüße aus Solingen


    Jörg


    Sprite MK 3, Volvo P 1800 E, Porsche 996

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