5.Spridgettreffen vom 18. bis 20. Juni 2010 in Gelsenkirchen

Auf der grünen Wiese

Zumal mein britischer Berater Geoffrey, sonst ebenfalls eifriger Midget-Fahrer, diesmal aus technischen Gründen mit seinem V-Power „blue eight" aus England anreisen wollte; dann waren wir schon zwei B-Dickschiffe im Haifischteich. Flott Marcus angemailt und seine Erlaubnis eingeholt, schon war die Sache klar.

Am Anreisetag fuhr ich sehr früh von Aachen aus zur Arbeit nach Köln, um von diesem Etappenziel nachmittags direkt ins Ruhrgebiet durchstarten zu können. Gegen 15 Uhr wollte ich eigentlich abrauschen, doch da hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Gerade hatte unsere Vaterlandself ihr wichtiges WM-Spiel gegen Serbien hilflos vergeigt. Spridgets auf der Startbahn In der Hektik, schnell noch vor der Meute der Public Viewer aus der Köln Arena die Stadt verlassen zu können, zerbrach meine Thermoskanne in der Reisetasche und badete meine Digitalkamera in heißem Tee. Nach diesem Dämpfer und der folgenden Trockenlegungsaktion begab ich mich, mit etwas Zeitverzögerung zur Schonung meiner Kupplung, ins Heer der Bremser und Huper.

Am Zielort

angekommen war all diese Unbill dann schnell wieder vergessen. Ein muntererer Schwarm Spridgets wimmelte mit seinen mächtigen Stimmen emsig auf dem Hotelparkplatz herum und war um die Autos und viel Small Talk bemüht. Freundlich grinsend war jeder Neuankömmling willkommen und konnte die Typenvielfalt bewundern. Man wurde vom Club-Komitee eingenordet und integriert, und mir wurde trotz mottofremdem B GT ein guter Standplatz zugewiesen.

An der netten Rezeption war alles flott erledigt, und es ging ab aufs Zimmer in den 12. Stock. „Mensch Kerl, watt für ne tolle Aussicht auffe Region Ruhrpott". Vor dem Abendessen testete uns Platzhirsch Marcus erst einmal mit einem pfiffigen Fragespiel nach jahresbezogenen Produktionszahlen von Spridgets. Hierbei konnte selbst ein typfremdes Huhn durch scharfes Scharren sein Korn finden und punkten.

Anschließend arbeitete man sich, Versuchsratten gleich, durch den verwinkelten Bauch des Maritims bis in den Außenbereich zum Barbecue. Hier ergaben sich nette Gesprächsrunden in kleinen Zirkeln unterm weißen Zeltdach, wobei es leider doch sehr schnell kalt wurde und man sich in den Innenbereich zurückzog. Dort tafelte bereits die GB-Fraktion, gemütlich unter sich in einer Sitzecke thronend, beim üppigen „Spargel-Meal".

Am Samstagsmorgen

herrschten noch Sonnenschein und emsiges Treiben rund um die geliebte Oldie-Schar. Überall gab es noch den letzten Service und viel Aufbruchstimmung. Im Ganzen betrachtet war die Gruppe von Zwergen schon eine echte Augenweide, Poppige Farben besonders ob der mutigen Farbpalette, weitab vom Einheitsbrei, mit vielen poppigen Farben, wie rot, grün, mint, gelb, hellblau und Exoten à la „bracken". Am anderen Ende der fein polierten Pretiosen hob sich noch ein würdevoll gealterter 62er Midget in patina red besonders hervor. Er gehört zur Familie Maathuis, die mit drei Generationen und in mehreren Fahrzeugen aus Luxemburg angereist war. Leider schon zur Fahrerbesprechung öffnete der Himmel seine Schleusen, so dass erst einmal Blitzdienst an den Verdecken angesagt war, und wir dann unter dem blauen Hotel-Baldachin enger zusammenrücken mussten.

Anschließend gingen die 63 Teams aus ganz Deutschland, England, Holland, Luxemburg und Belgien sowie der Arkley Special aus Dänemark in lockerer Reihenfolge, unter Begrüßung des Hoteldirektors und mit einem Filmteam im Anschlag, auf die Tagestour Richtung Xanten. Eingebettet in eine Linie von Zwergen, hinter einem gelben Gummiboot aus Belgien, ging es für mich im B-Exoten munter voran. Endlich raus aus dem Pott, rein ins niederrheinische Areal.

Bereits im Vorfeld

hatte sich eine höchst pikante Hilfsaktion unter fahrerischem Einsatz der Meute abgespielt. Unser Luxemburger Freund Guy war mit seinen Kindern im offenen Midget unterwegs, als er einer anscheinend gelangweilten Polizeistreife auffiel und diese daraufhin versuchte ihn einzuholen. Doch im Pulk der Zwerge, die sich ja sehr ähnlich sehen und unter Federführung von Jupp 1.000, jetzt extra langsam fahrend und nach überall hin abbiegend, gelang es Fahrer Guy durch den Bremserpulk mit seinem nicht eben untermotorisierten Zwerg den ungebetenen Freund und Helfer abzuschütteln. Ätsch!

Nach dem Passieren des Brücken-Nadelöhrs ins verwunschene Weiden-Alleen-Land, entschädigte dieser Teil mit ausgiebigem Cruisen im schnellen Korso. Denn ist die wilde Truppe erst einmal losgelassen und erhebt ihre mächtigen Stimmen, geht's zackig um die Ecken, bis manchem Betrachter die Spucke wegbleibt.

Das Roadbook war einfach und selbst für mich als Singledriver lief es leicht, bis mir in einem kleinen Örtchen auf dem Weg Richtung Hamminkeln unerwartet Teilnehmer suchend entgegenkamen, wendeten, erneut suchten und mit einem Fragezeichen auf der Stirn anhielten, um in Teamarbeit des Pudels Kern zu entlarven. Ein freundliches Navi half mit seiner Standortanzeige aus, endlich den richtigen Straßennahmen zu entdecken. Hier hatten viele in der Hatz den verdeckten Links-Abzweig übersehen und waren unbekümmert weiter geradeaus getuckert, wohl in der Hoffnung, der Vorausfahrende möge es schon richten. Auf der freien Fläche nahe dem Zielort, grüßte die Schafskälte erneut alle Offen-Fahrer aus ihrer dunklen Wundertüte mit einem derart heftigen Schauer, dass die Roadster-Badewannen Zuflucht unter geöffneten Schirmen suchen mussten.

Stadtansicht Der Parkplatz vor dem Archäologischen Park Xanten bot einen würdevollen Rahmen und ausreichend Platz zur Aufführung unserer kleinen Lieblinge. Schon wieder im Regen war unser Fußmarsch ins historische Zentrum von Xanten angesagt, wo uns im Gotischen Haus in stilvoller Umgebung eine kulinarische Mittagsversorgung gereicht wurde.

Über Orsoy und unter Benutzung einer kleinen Flussfähre, in Wurfweite riesiger Transportschiffe auf dem Rhein, ging es jetzt zügig zurück in den Pott. In schneller Reihung auf der Stadtautobahn wurde ich Zeuge einer stuntreifen Darbietung unseres süddeutschen Midget-Freundes, der mit seiner Kamera die Ausfahrt begleitet hatte und jetzt, den Sohn souverän am Steuer, elegant uns Hinterherfahrende aus dem offenen Roadster filmte.

Am Veranstaltungsort

lauerte Marcus aufs Neue mit seiner Wissensabfrage, der Nennung aller je verarbeiteten Spridget-Farben in Originalbezeichnung „bracken" etc. - na ja, wer sonst keine Hobbys hat. Die anschließende Wertung verlief, unter Würdigung aller Leistungen und Ansprache des Hoteldirektors, erfreulich knapp und unkonventionell, damit man sich umso schneller ausgiebig am angebotenen First Class Buffet laben konnte. In Zufalls-Tischrunden ließen wir die Veranstaltung Revue passieren und ausklingen. Unentwegte konnten anschließend noch das Tanzbein in der Jazz-Bar schwingen. So eine klassenlos runde Atmosphäre macht schon Appetit auf die Treffen der nächsten Jahre. Liebe MGB-Driver, unterschätzt bloß unsere munteren Zwerge nicht. Denn die sind nur physisch kürzer, teils mit erheblicher Mehrleistung und immer mit vollem Löwenherz dabei.

Als Krönung der Sonntagsfahrt

hatte unser emsiges Siegtal-Paar eine stimmige Route durchs angrenzende bergische Land im rollierenden System ausgeheckt. Einmal übers Wasser Mühsam arbeiteten wir uns als Schlange mit wechselndem Kopf aus dem dichten Pott heraus bis sich endlich im Ruhrtal der Blick weitete und wir über ein zweites Nadelöhr, die einzig erhaltene Pontonbrücke über die Ruhr, in bergische Gefilde entschweben konnten. Doch hier lauerte eine unerwartete Tücke, die eine kleine Gruppe Versprengter vom automatischen Wegweiser abbrachte. Sie musste sich nach verpasstem Wiederanschluss in Velbert über Schnellstraßen selbst zum Tagesziel durchbeißen.

Zum Abschluss der idyllisch anstrengenden Ausfahrt traf man sich mit reichlich Verspätung zum gemeinsamen Abschiedsmahl im höher gelegenen Ausflugslokal des Märchenwald-Areals am Altenberger Dom, um sich dort bei freundlicher Bedienung mit reichlich Heißgetränken und Süßspeisen zu regenerieren. Man beachte, wie gut dieser Ort als Abschluss eines Midget-Treffens gewählt war, denn Märchen-Sphären bilden ja den Stoff aus dem die Träume so mancher Zwergen-Geschichte sind.

Nach Besichtigung des sehenswerten Altenberger Doms mit seiner filigranen Architektur und dem lichtdurchfluteten, ausdruckstarken Westfenster, zerstob die Meute, so wie sie zusammengefunden hatte, wieder in alle Winde.


Text

Axel Steinert